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zur frühkindlichen Zwei- und Mehrsprachigkeit


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Information

„Mehrsprachigkeit?
Was ist das eigentlich?“

Mehrsprachigkeit ist...

"Machst Du mir
die τσάντα zu?"
Sprachen in Kontakt

"Ich will deine
doofe Sprache nicht!"

Mehrsprachige Entwicklung

"Man kann nicht
immer konsequent sein."
Mehrsprachige Erziehung

"Es kommt auch
auf das Umfeld an."

Mehrsprachigkeit im sozialen Kontext

"Ein zweisprachiger Kindergarten
wäre optimal!"

Mehrsprachigkeit im Bildungssystem

"Mehrsprachigkeit finde ich gut, aber..."
Einstellungen pädagogischer Fachkräfte





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Empfehlungen für pädagogische Fachkräfte

Die Aufgabe der Kindertagesstätte ist es, Kinder in ihrer gesamten Entwicklung zu fördern, und Eltern in Entwicklungs- und Erziehungsfragen zu beraten. In zweisprachigen Einrichtungen kann besonders gezielt auf die Bedürfnisse zweisprachiger Kinder und ihrer Eltern eingegangen werden (Mehrsprachigkeit im Bildungssystem). Leider gibt es davon nur wenige, sodass die meisten zweisprachigen Kinder einsprachig ausgerichtete Kitas besuchen.

Wie können aber mehrsprachige Entwicklungs- und Erziehungsprozesse in einsprachigen Einrichtungen unterstützt werden? Pädagogen und Pädagoginnen sind oft der Meinung, dass sie nicht viel tun können: Die Gruppen sind zu groß, der Anteil nicht-deutschsprachiger Kinder zu hoch, und es sind zu viele Sprachen vertreten – die können schließlich nicht alle gelernt und gefördert werden. Das sind sicherlich berechtigte Einwände. Sie ändern aber nichts daran, dass gerade einsprachige pädagogische Fachkräfte einen großen Einfluss auf die mehrsprachige Entwicklung der Kinder haben: Für diese ist der Eintritt in einen einsprachigen Kindergarten meist mit der Empfindung verbunden, dass außerhalb der Familie nur die Umgebungssprache – also Deutsch in Deutschland – wichtig und gefragt ist. Vom Umgang der Pädagogen und Pädagoginnen mit den Nichtumgebungssprachen kann es abhängen, ob Kinder diese weiterhin verwenden, oder mit der Zeit ihren Gebrauch verweigern (Mehrsprachige Entwicklung; Einstellungen pädagogischer Fachkräfte). Ihr Rat kann Eltern in ihrer mehrsprachigen Erziehung stärken, aber auch zutiefst verunsichern (Mehrsprachige Erziehung).

Es geht hier weniger darum, außergewöhnliche Anstrengungen zu unternehmen, als vielmehr um die innere Einstellung zu Mehrsprachigkeit: Nehmen Sie die Mehrsprachigkeit in Ihrer Einrichtung als Bereicherung an, auch, wenn die tatsächlich oft ungünstigen Rahmenbedingungen dies erschweren. Eine positive Haltung sollte von dem Bewusstsein geprägt sein, dass mehrsprachig aufwachsende Kinder all ihre Sprachen brauchen,

  • um mit ihren nicht-deutschsprachigen Eltern wie von Geburt an gewohnt kommunizieren zu können 

  • um sich auf allen Ebenen kontinuierlich weiterentwickeln zu können – so, wie einsprachige Kinder, deren sprachliche – und damit auch emotionale, soziale, kognitive – Entwicklung selbstverständlich in der Kindertagesstätte weitergeführt wird. 

  • um in ihrer mehrsprachigen Lebenswelt handlungsfähig sein zu können.

 

Die Beratung der Eltern sollte auf der Überzeugung beruhen, dass

  • nur die Eltern selbst entscheiden können, welche Sprache sie mit ihrem Kind sprechen möchten und können, 

  • es für Eltern schwierig ist, in einer ihnen selbst nicht hundertprozentig vertrauten Sprache eine tiefe Bindung zu ihrem Kind aufzubauen und ihm „die Welt zu erklären“.

 

Die zentrale Empfehlung lautet daher, in der Kindertagesstätte eine Atmosphäre zu schaffen, in der Kinder Mehrsprachigkeit als etwas Normales und Wertvolles erleben, und Eltern in ihrer Spracherziehung unterstützt werden. Im Einzelnen:

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Fördern Sie die Umgebungssprache auf der Grundlage kindlicher Spracherwerbsprozesse

Kinder erwerben Sprache durch Imitation und Verstärkung, unbewusst-intuitiv, ganzheitlich, in Interaktion und konkreter Handlung. An diesen Prinzipien muss sprachliche Bildung ansetzten, um Kinder wirklich zu erreichen und sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen – das gilt für ein- und mehrsprachig aufwachsende Kinder gleichermaßen. Sie als Erzieher/in sollten daher...

  • ein positives sprachliches Vorbild sein 

  • viele Gespräche mit den Kindern führen 

  • Sprache als festen Bestandteil im Alltag etablieren 

  • Kinder beobachten

  • Eltern beraten

Zum kindlichen Spracherwerbsprozess und zu sprachlicher Bildung s. ausführlich:
www.sprachfoerderung.info.

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Beziehen Sie die Nichtumgebungssprachen so oft wie möglich in den Kindergartenalltag ein

Bei Eintritt in den deutschen Kindergarten machen mehrsprachige Kinder die Erfahrung, dass nur ein Teil ihrer sprachlichen Mittel hier gefragt sind – die umgebungssprachlichen. Es gibt kaum Möglichkeiten, die Nichtumgebungssprache zu verwenden. Sie kann gar zum Merkmal werden, welches das mehrsprachige Kind als „anders“ erscheinen lässt – bereits Kinder im jungen Alter sind hier hochsensibel. Daher sind die Präsenz und die damit verbundene Wertschätzung der Nichtumgebungssprachen von großer Bedeutung sowohl für die Sprachentwicklung und das Selbstwertgefühl der mehrsprachigen, als auch für die Entwicklung von Akzeptanz der einsprachigen Kinder. Es gibt viele Möglichkeiten, die unterschiedlichen Sprachen der Kinder Ihrer Gruppe in den Alltag zu integrieren:

  • Stellen sie (wenn möglich) bewusst nichtumgebungssprachige Erzieher/innen ein. Wichtig sind hier klare Absprachen: Welche Rolle spielen diese Mitarbeiter/innen in der Sprachbildung der Kinder – welche Sprache sollten sie mit den Kindern sprechen?
     

  • Versuchen Sie (gemeinsam mit den Kindern der Gruppe), von den mehrsprachigen Kindern spielerisch einige griechische, türkische, polnische... Worte zu lernen, z.B., indem jeden Tag in einer anderen Sprache „Guten Morgen“ oder „Guten Appetit“ gesagt wird, die Farbbezeichnungen bei Spielen in allen Sprachen genannt werden etc. Für mehrsprachige Kinder sind derartige Bemühungen Ihrerseits mit der wichtigen Erfahrung verbunden: „Ich kann etwas besonderes, andere können und wollen etwas von mir lernen.“
     

  • Laden Sie andere Nichtumgebungssprachler z.B. für Vorlesestunden in die KiTa ein. Spielen Sie Musik oder Hörspiele der Kinder in den Sprachen ab. Gehen Sie in einen griechischen Supermarkt. Üben Sie mehrsprachige Lieder ein...

Von derartigen Bemühungen profitieren neben den mehrsprachigen Kindern, die so auch im einsprachigen Kindergarten Gelegenheit haben, ihre Sprache zu hören und zu verwenden auch die einsprachigen Kinder. Sie entwickeln ein Interesse für fremde Sprachen: Wie hört sich das an? Wie klingt die Sprachmelodie? Wie spricht man das aus? Was heißt das wohl? Wecken Sie die Neugier und Lust der Kinder auf Sprachen!

Achten Sie jedoch darauf, die mehrsprachigen Kinder dabei nicht zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen – sie nicht zu "Exoten" zu machen – sonst rufen Ihre Bemühungen genau das hervor, was sie zu verhindern suchten: Das negative Empfinden, anders zu sein als die anderen.

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Lassen Sie Kommunikation der Kinder in ihren nicht-deutschen Sprachen zu

Für griechisch (türkisch / polnisch...) -sprachige Kinder sind Kontakte zu anderen griechischen (türkischen / polnischen ...) Kindern im deutschen Kindergarten ein Glücksfall: Durch sie ergibt sich die Möglichkeit, auch die Nichtumgebungssprache im Kindergarten zu verwenden, so, wie sie es von Geburt an gewohnt sind. Dadurch können die Kinder ihre sprachlichen Fähigkeiten in der Nichtumgebungssprache weiterentwickeln und ausdifferenzieren. Die Dominanz der deutschen Sprache wird abgemildert.  

Verbieten Sie deshalb den Kindern nicht, untereinander in ihren Nichtumgebungssprachen zu sprechen. Lassen Sie sich auch nicht dadurch verunsichern, dass Sie nicht alles verstehen, was die Kinder untereinander sprechen. Es ist sowieso unmöglich – und auch überhaupt nicht notwendig! –, dass Sie alles, was in der Gruppe gesprochen wird, mitbekommen.

Haben Sie den Eindruck, dass andere Kinder vom Spiel ausgeschlossen werden, weil sie die jeweilige Sprache nicht verstehen, sprechen Sie mit allen Kindern darüber. Entwickeln Sie gemeinsam mit den Kindern klare Regeln, wann welche Sprache verwendet wird. Achten Sie dabei darauf, zu keinem Zeitpunkt die Nichtumgebungssprachen als unwichtig darzustellen.

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Äußern Sie niemals (sinngemäß):
„Diese Sprache wollen wir hier aber nicht hören!“

Derartige Äußerungen drücken das Gegenteil von Wertschätzung aus, nämlich: Deine Sprache ist nicht nur nicht wichtig, sondern wird abgelehnt. Dies würde einen empfindlichen und u.U. irreparablen Einschnitt in die zweisprachige und damit auch in die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung des Kindes bedeuten.
Einstellungen pädagogischer Fachkräfte

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Beraten Sie Eltern unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation

Eltern, die sich mit Erziehungsfragen an Sie wenden, suchen Informationen. Oft sind sie verunsichert und haben das Vertrauen, von Ihnen einen fachlichen Rat zu bekommen. Berücksichtigen Sie Prinzipien einer nicht-direktiven Beratung. Diese basiert auf der Überzeugung, dass prinzipiell jeder Mensch selbst am besten weiß, was für ihn gut ist. Unterstützen Sie die Eltern darin, herauszufinden, welcher Weg der Spracherziehung für sie der richtige ist. Machen Sie ihnen bewusst, dass letztendlich sie selbst entscheiden müssen, wie sie die sprachliche Erziehung ihres Kindes gestalten möchten, und auch selbst für die Umsetzung verantwortlich sind. Sie können sich dabei an den Empfehlungen für Eltern orientieren.

Geben Sie niemals pauschale oder bevormundende Ratschläge, sondern setzen Sie sich mit der individuellen Situation der jeweiligen Familie auseinander. Das heißt auch:

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Raten Sie niemals:
„Sprechen Sie mit Ihrem Kind Deutsch!“, ohne die Wünsche und Sprachkenntnisse der Eltern zu kennen

Dieser Ratschlag kann durchaus gut gemeint sein: Zugrunde liegt die Vorstellung, dass ein Kind die Umgebungssprache umso besser lernt, je öfter es diese hört, was im Umkehrschluss bedeuten würde, dass es andere Sprachen umso weniger häufig hören sollte.

Dies ist jedoch ein Trugschluss: Ein Kind vollzieht seine ersten Erfahrungen, Bindungen und Entwicklungsschritte in der Muttersprache. Die gesamte emotionale, soziale und kognitive Entwicklung des Kindes ist unmittelbar mit seiner/n Muttersprache/n verbunden. Ein plötzliches Wegfallen der Muttersprache/n würde somit einen nachhaltigen Einschnitt in die kontinuierliche Weiterentwicklung des Kindes bedeuten.
www.sprachfoerderung.info

Zudem sollten Sie bedenken, dass eine Mutter / ein Vater am besten in ihrer Muttersprache eine tiefe emotionale Bindung mit ihrem Kind eingehen und ihm die Welt erklären können. Stellen Sie sich vor, sie lebten seit einigen Jahren in Frankreich – würden Sie mit Ihrem Kind wirklich (vermutlich gebrochenes) Französisch sprechen???

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Unterstützen Sie Eltern in der Fortführung der mehrsprachigen Erziehung

Raten Sie nicht-deutschsprachigen Eltern (sinngemäß):

Sprechen Sie mit Ihrem Kind Ihre Muttersprache, wenn das die Sprache ist, die Sie am liebsten und am besten sprechen...

  • ...weil Sie es selbst als unnatürlich empfinden werden, mit Ihrem Kind plötzlich eine andere als Ihre eigene Muttersprache zu sprechen. 

  • ...weil Sie es wahrscheinlich später bedauern werden, wenn Ihr Kind Ihre Muttersprache schlecht oder gar nicht spricht. 

  • ...weil Ihr Kind seine Muttersprache/n für eine kontinuierliche sprachliche, emotionale, soziale, kognitive Weiterentwicklung braucht. 

  • ...weil Ihr Kind die einzigartige Chance hat, spielerisch zwei Sprachen zu erwerben.  

  • ...weil Ihr Kind beide Sprachen in seiner zweisprachigen Lebenswelt braucht.

  • ! Aber setzen Sie sich und Ihr Kind dabei nicht unter Druck: Mehrsprachigkeit lässt sich nicht innerhalb starrer Regeln leben!

Vermitteln Sie – wenn möglich – Kontakte zu anderen mehrsprachig erziehenden Eltern.

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Klären Sie über Mehrsprachigkeit auf

Versuchen Sie, Vorurteile von Kindern und Eltern abzubauen, indem Sie über Mehrsprachigkeit und die Bedeutung der Muttersprache für die Gesamtentwicklung des Kindes informieren. Regen Sie einen Austausch zwischen ein- und mehrsprachigen Familien an, z.B. auf Elternabenden, bei Festen. Vermitteln Sie allen Kindern und Eltern Interesse und Akzeptanz gegenüber Sprachenvielfalt.

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Bilden Sie sich fort

Die Basis für einen sensiblen Umgang mit Mehrsprachigkeit ist Wissen über Prozesse mehrsprachiger Entwicklung und Erziehung. Leider wird dieses nicht selbstverständlich in der Erzieher/innenausbildung vermittelt. Eignen Sie sich dennoch ein Grundwissen an – es wird Ihnen Sicherheit im Umgang mit Zweisprachigkeit geben und Sie in Ihrer alltäglichen Arbeit langfristig entlasten.

  • Vieles finden Sie in den Rubriken dieser Seite und unter www.sprachfoerderung.info.
     

  • Informieren Sie sich zusätzlich durch Literatur über Mehrsprachigkeit und Sprachliche Bildung.

  • Reflektieren Sie ihre eigenen Einstellungen zu Mehrsprachigkeit; machen Sie diese zum Thema im Team. Folgender Fragebogen kann dazu ein leitfaden sein.
    Einstellungen pädagogischer Fachkräfte

  • Besuchen Sie, soweit Ihnen dies möglich ist, Fortbildungsveranstaltungen
    Angebote
     

  • Tauschen sie Ihre Erfahrungen und Meinungen zum Thema mit anderen Erzieher/innen aus.
    Kontakte & Austausch

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